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- # Abrechnungs- und Bilanzierungsprozesse im Deutschen Energiemarkt40 Minuten
- Grundlagen der Marktkommunikation (MaKo) im Deutschen Energiemarkt45 Minuten
- Grundlagen der Marktkommunikation im deutschen Energiemarkt: Rollen, Ziele und Prozesse50 Minuten
- I. Grundlagen und regulatorischer Rahmen der Marktkommunikation im deutschen Energiemarkt45 Minuten
- Einführung in die Marktrollen: Netzbetreiber (NB), Messstellenbetreiber (MSB) und Lieferant (LF)40 Minuten
- Die drei Säulen der Abrechnung: [[Netznutzung]], [[Messstellenbetrieb]] und [[Bilanzkreisabrechnung]]50 Minuten
- Wichtige Gesetze und Verordnungen: [[EnWG]], [[MsbG]], [[StromNZV]]40 Minuten
- [[GPKE]] und [[WiM]]: Die Kernprozesse der Marktkommunikation im deutschen Strommarkt45 Minuten
- Abrechnungsprozesse im deutschen Energiemarkt: Zusammenspiel von Netzbetreiber, Messstellenbetreiber und Lieferant45 Minuten
- II. EDIFACT-basierter Datenaustausch und Marktkommunikation45 Minuten
- Bedeutung und Struktur des [[EDIFACT]]-Standards im Energiemarkt45 Minuten
- Sichere Übertragungsprotokolle ([[AS2]], [[SMTP]]) und digitale Signaturen45 Minuten
- Zentrale Nachrichtenformate: MSCONS und INVOIC in der Energiewirtschaft45 Minuten
- Weitere Nachrichtenformate: REMADV, UTILMD, SSQNOT, COMDIS45 Minuten
- Der Prozess der Mengenprüfung und das Zusammenspiel von MSCONS und INVOIC50 Minuten
- MSCONS und INVOIC: Das Rückgrat der Abrechnungsprozesse im Deutschen Energiemarkt30 Minuten
- III. Bilanzkreisführung und Ausgleichsenergie25 Minuten
- Definition und Zweck des Bilanzkreises (BK) und die Rolle des Bilanzkreisverantwortlichen (BKV)45 Minuten
- Das Konzept der Ausgleichsenergie zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität45 Minuten
- Verantwortlichkeiten des [[Netzbetreibers (NB)]] bei der Datenaggregation und Ermittlung von [[Mehr- und Mindermengen]]30 Minuten
- Übermittlung der Mehr-/Mindermengen-Daten ([[SSQNOT]]) durch den NB an den BKV/LF50 Minuten
- Anforderungen an die Prognosegüte für [[Lieferanten (LF)]] und die Relevanz von [[SLP- (Standardlastprofil)]] und [[RLM-Kunden (Registrierende Leistungsmessung)]]50 Minuten
- Prüfung der SSQNOT-Meldungen und strategisches Handeln zur Kostenoptimierung durch den LF45 Minuten
- Mehr-/Mindermengenabrechnung im Strommarkt: Bilanzkreise, Ausgleichsenergie und Marktkommunikation45 Minuten
- IV. Detaillierte Abrechnungsprozesse50 Minuten
- Die Netznutzungsabrechnung: Von Messwerten zum Entgelt45 Minuten
- Abrechnung von Messentgelten: Der INVOIC-Prozess zwischen MSB und Lieferant/Netzbetreiber45 Minuten
- Prüfschritte des Lieferanten für Messentgelte: Stammdaten, Preise und Mengen aus MSCONS45 Minuten
- Umgang mit dem [[wettbewerblichen Messstellenbetreiber (wMSB)]] und direkten Abrechnungsbeziehungen mit dem Endkunden60 Minuten
- Die Mehr-/Mindermengenabrechnung (MMM-Abrechnung): Bewertung, Fakturierung und Korrekturen45 Minuten
- Abrechnung von Messentgelten und Mehr-/Mindermengen im Strommarkt45 Minuten
- V. Best Practices und Fallstudien45 Minuten
- Häufige Fehlerquellen in der Marktkommunikation und Abrechnung (Stammdatenfehler, falsche Mengen)50 Minuten
- Der Einsatz der [[Clearingstelle]] zur Klärung von Differenzen und Streitfällen45 Minuten
- Implementierung von Business Rules zur automatisierten Rechnungsprüfung50 Minuten
- Sicherstellung der [[Compliance]] mit aktuellen BNetzA-Festlegungen und Datenschutz ([[DSGVO]])60 Minuten
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Zur ersten LektionDie Netznutzungsabrechnung: Von Messwerten zum Entgelt
Diese Unterrichtseinheit führt in die Grundlagen der [[Netznutzungsabrechnung]] in der deutschen Energiewirtschaft ein. Sie beleuchtet, wie die benötigten Mengen- und Leistungswerte erfasst und über [[Lieferscheine]] vorab kommuniziert werden, bevor die eigentliche Abrechnung der [[Netznutzungsentgelte]] durch den [[Netzbetreiber]] an den [[Lieferant]] erfolgt. Dabei werden zentrale Akteure, regulatorische Vorgaben und die relevanten Marktkommunikationsprozesse verständlich erklärt.
Motivation
Die Netznutzungsabrechnung ist das finanzielle Rückgrat der Energielieferkette. Ohne ein fundiertes Verständnis dieser Prozesse können Energieversorger keine korrekten Rechnungen erstellen, Kosten nicht effizient steuern und regulatorische Vorgaben nicht einhalten. Diese Einheit vermittelt Ihnen das nötige Basiswissen, um die komplexen Abläufe zu durchdringen und die finanzielle Steuerung im Energiemarkt zu meistern. Sie lernen die Sprache und die Mechanismen kennen, die den täglichen Geschäftsbetrieb bestimmen.
1. Grundlagen der Netznutzungsabrechnung
Die Netznutzungsabrechnung ist ein fundamentaler Prozess in der deutschen Energiewirtschaft. Sie regelt die finanziellen Transaktionen zwischen einem Lieferant und einem Netzbetreiber für die Nutzung des Strom- oder Gasnetzes zur Durchleitung von Energie an die Endkunden des Lieferanten.
Dieser Prozess ist streng durch regulatorische Vorgaben standardisiert, insbesondere durch die Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) für Strom und die Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) für Gas. Ergänzt werden diese durch die detaillierten Geschäftsprozesse der Marktkommunikation, wie die GPKE (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität) und GeLi Gas (Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel Gas).
Das Ziel ist die korrekte und nachvollziehbare Abrechnung der anfallenden Netznutzungsentgelte, die der Lieferant für die Inanspruchnahme der Netzinfrastruktur des Netzbetreibers zahlt. Dies bildet die Grundlage für die Preisgestaltung gegenüber dem Endkunden und die Bilanzierung der Energiemengen im Markt.
- Akteure: Primär Lieferant (zahlt) und Netzbetreiber (erhält Zahlung, stellt Netz bereit). Der Messstellenbetreiber (MSB) ist ein wichtiger Datenlieferant.
- Regulatorischer Rahmen: StromNZV, GasNZV, GPKE, GeLi Gas sind die zentralen Regelwerke.
- Zweck: Abrechnung der Netznutzungsentgelte zur Finanzierung und Instandhaltung der Netzinfrastruktur.
2. Die Basis: Messwerte und Lieferschein
Die Grundlage jeder Netznutzungsabrechnung bilden die exakt erfassten Energiemengen und Leistungswerte. Diese werden durch den Messstellenbetreiber (MSB) ermittelt und über standardisierte Marktkommunikation an den Netzbetreiber und den Lieferant übermittelt.
Die Energiemenge (Strom) oder die Energiemenge und das Leistungsmaximum (Strom) werden auf Messlokationsebene durch Zählerstandsmeldungen erfasst. Diese Daten werden in Form von MSCONS-Nachrichten ('Metered Services Consumption Report') ausgetauscht. Der Netzbetreiber erhält die Messwerte vom Messstellenbetreiber und leitet sie an den Lieferanten weiter. Dies geschieht sowohl zum Lieferbeginn (Einzugsdatum) als auch zum Lieferende (Auszugsdatum) sowie für periodische Abrechnungen.
Ein wichtiger Vorläufer der eigentlichen Rechnung ist der Lieferschein zur Netznutzungsabrechnung. Dieser wird vom Netzbetreiber an den Lieferanten übermittelt und liefert dem Lieferanten vorab Informationen über die zu erwartenden Netznutzungsentgelte. Der Lieferschein enthält Angaben zu den Energiemengen und Leistungswerten für die jeweilige Marktlokation-ID. Im Strombereich wird der Lieferschein für Marktlokationen mit Arbeits-/Leistungspreis ebenfalls mittels MSCONS übermittelt. Die Gestaltung des Lieferscheins muss die Nachvollziehbarkeit der Energiemengen und die Berücksichtigung des aufgetretenen Jahresleistungsmaximums gewährleisten.
- Datengrundlage: Energiemenge und Leistungsmaximum (für Strom) aus MSCONS-Nachrichten, basierend auf Zählerstandsmeldungen.
- Messwertübermittlung: Erfolgt durch den Messstellenbetreiber an den Netzbetreiber, der sie an den Lieferanten weiterleitet. Frist: Spätestens zum 10. Werktag des Folgemonats nach Lieferbeginn/-ende.
- Lieferschein: Vorab-Information des Netzbetreibers an den Lieferanten über erwartete Netznutzungsentgelte, übermittelt per MSCONS (für Strom mit Arbeits-/Leistungspreis).
- Zweck des Lieferscheins: Ermöglicht dem Lieferanten eine erste Einschätzung der Kosten und die Vorbereitung der eigenen Kundenabrechnung.
3. Die Abrechnung der Netznutzungsentgelte
Nach der Übermittlung der Messwerte und des Lieferscheins erfolgt die eigentliche Abrechnung der Netznutzungsentgelte durch den Netzbetreiber an den Lieferant. Die Netznutzungsrechnung kann verschiedene Abrechnungsarten umfassen, darunter Abschlagsrechnungen, Jahres- (End-) Rechnungen, Stornorechnungen oder Sonderrechnungen für Mehr-/Mindermengen oder sonstige Leistungen. Die Abrechnung erfolgt für Marktlokationen, wobei die Marktlokations-ID zur eindeutigen Zuordnung dient.
Die Netznutzungsentgelte setzen sich in der Regel aus verschiedenen Komponenten zusammen. Häufig angewendet wird die Abrechnungsvariante Arbeitspreis/Leistungspreis. Der Arbeitspreis bezieht sich auf die tatsächlich entnommene Energiemenge (in kWh oder MWh), während der Leistungspreis die Kosten für die bereitgestellte maximale Leistung (in kW oder MW) abdeckt. Hinzu kommen weitere Umlagen wie die KWKG-Umlage (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) oder die Offshore-Haftungsumlage sowie Abgaben wie die Konzessionsabgabe.
Seit dem 1. Januar 2023 gab es aufgrund des Beschlusses BK6-20-160 der Bundesnetzagentur wichtige Anpassungen. Varianten wie Zonenpreissysteme, Staffelpreissysteme und die Rechnungslegung mittels eines Durchschnittspreises bei Marktlokationen mit Leistungs- und Arbeitspreis sind seither im Allgemeinen nicht mehr anwendbar, da die notwendigen Artikel-IDs nicht mehr zur Verfügung stehen. Stattdessen ist die Gleitende Nachberechnung von Leistungen, Benutzungsdauerstundenzahl und Konzessionsabgabe verpflichtend geworden. Dies bedeutet, dass sich ändernde Preise oder Werte im Abrechnungszeitraum zu einer nachträglichen Anpassung der Entgelte führen.
Der Lieferant ist für die Prüfung der erhaltenen Netznutzungsrechnung verantwortlich. Dies beinhaltet die Kontrolle der abgerechneten Mengen, Preise und Entgeltbestandteile. Bei Unstimmigkeiten hat der Lieferant das Recht, Einspruch zu erheben. Eine korrekte Bearbeitung und Prüfung der Netznutzungsrechnung ist entscheidend für die finanzielle Stabilität und die Compliance des Lieferanten.
- Abrechnungsarten: Abschlags-, Jahres- (End-), Storno-, Sonderrechnungen (z.B. für Mehr-/Mindermengen oder Kapazität).
- Preismodelle: Häufig Arbeitspreis/Leistungspreis.
- Bestandteile: Arbeitspreis, Leistungspreis, gesetzliche Umlagen (z.B. KWKG, Offshore-Haftungsumlage), Konzessionsabgabe.
- Wichtige Änderungen (seit 01.01.2023): Wegfall von Zonen-/Staffelpreisen und Durchschnittspreisberechnung für Arbeit-/Leistungspreis aufgrund BK6-20-160.
- Verpflichtend: Gleitende Nachberechnung für Leistung, Benutzungsdauerstundenzahl und Konzessionsabgabe.
- Prozess beim Lieferanten: Prüfung der Netznutzungsrechnung, Entscheidung über Begleichung oder Einspruch.
Zusammenfassung
Die Netznutzungsabrechnung ist ein komplexer, aber zentraler Prozess im deutschen Energiemarkt. Sie basiert auf präzisen Messwerten, die über MSCONS-Nachrichten ausgetauscht werden, und wird durch Lieferscheine vorab angekündigt. Die eigentliche Abrechnung der Netznutzungsentgelte unterliegt strengen regulatorischen Vorgaben und hat sich in den letzten Jahren, insbesondere durch den Beschluss BK6-20-160, weiterentwickelt, um eine transparente und faire Verteilung der Netzkosten zu gewährleisten.
- Die Netznutzungsabrechnung ist die Abrechnung der Entgelte für die Netznutzung durch den Lieferant an den Netzbetreiber.
- Grundlage sind Messwerte (Energiemengen, Leistungswerte), die vom Messstellenbetreiber über MSCONS-Nachrichten bereitgestellt werden.
- Lieferscheine dienen als vorläufige Information über die zu erwartenden Netznutzungsentgelte.
- Die Netznutzungsentgelte bestehen typischerweise aus Arbeitspreis, Leistungspreis sowie Umlagen und Abgaben.
- Regulatorische Änderungen (z.B. BK6-20-160) haben zur Abschaffung bestimmter Preismodelle und zur verpflichtenden Gleitende Nachberechnung geführt.
- Die Prüfung der Netznutzungsrechnung durch den Lieferant ist ein kritischer Prozessschritt.
Quellen & Referenzen
- Willi Mako Wissensarchiv (https://stromhaltig.de/mcp-service)
- Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV)
- Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV)
- Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE)
- Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel Gas (GeLi Gas)
- Beschluss BK6-20-160 der Bundesnetzagentur